Richard Dawkins ist zweifellos einer der brillantesten und populärsten Denker und Wissenschaftler unserer Zeit. Er schreibt und argumentiert zuweilen bissig, was ihm viele Bewunderer aber auch ebenso viele Kritiker einbringt.
Dawkins wird im Jahre 1941 in Nairobi geboren und interessiert sich schon als Kind für die Zusammenhänge der Welt.
Später beginnt er das Studium der Biologie an der Universität Oxford und promoviert 1966 bei Nikolaas Tinbergen zum Thema „Selective pecking in the domestic chick“. Von 1967 bis 1969 erhält er eine Assistenzprofessur für Zoologie an der Universität Berkeley. 1970 kehrt er nach Oxford zurück und ist von 1970 bis 1995 Professor für Zoologie. Nachdem Dawkins von 1995 bis 2008 Lehrstuhlinhaber des „Charles Simonyi Professor of the Public Understanding of Science“ war, beendet er 2008 seine Karriere als Wissenschaftler aus Altersgründen.
Das egoistische Gen.
Dawkins ist auch interessierten Laien ein Begriff, da er viele seiner Forschungsergebnisse gekonnt populärwissenschaftlich umsetzt. Seinen ersten großen Coup landet er 1976 innerhalb dieses Genres mit „Das egoistische Gen“.
Gene „denken“ nur an sich
Können Sie sich mit der These anfreunden, der menschliche Körper sei nur eine Überlebensmaschine der Gene, der ausrangiert wird, sobald er seinen Zweck erfüllt hat? Wahrscheinlich nicht. Doch schauen wir uns die Aussagen aus „Das egoistische Gen“ einmal genauer an.
Dawkins beschreibt als Erster in seinem Buch, dass allein der „Egoismus der Gene“ das Fundament für die gesamte belebte Welt ist. Gene, die an sich leb- und bewusstlos sind, müssen sich zwingend selbst vervielfältigen, um so auf lange Sicht im evolutionären Wettbewerb eine Überlebenschance zu haben. Ein Löwenmännchen etwa, das die Jungen seines Konkurrenten tötet, handelt in Bezug auf den Egoismus der Gene instinktiv vernünftig, da das Löwenweibchen schneller wieder fruchtbar wird und so das Männchen rascher seine Gene weitergeben kann. Und nur Gene haben die Fähigkeit, zufällige Variationen durch kleine Fehler zu schaffen. Weder die Art, noch die Gruppe oder das individuelle Lebewesen sind dazu in der Lage.
Koopertion lohnt sich
Wie ist es aber möglich, dass sich Menschen und Tiere trotz ihrer egoistischen Gene mitunter altruistisch verhalten und miteinander kooperieren? Wenn sich Gene durch Kooperation stärker verbreiten können bzw. wenn durch Altruismus mehr Nachkommen entstehen, ist der Egoismus seitens der Gene gewahrt. Dies vor allem gegenüber Verwandten, mit denen viele Gene geteilt werden und man diese durch selbstloses Verhalten quasi vor Schaden bewahrt. Aber auch mit Menschen, zu denen kein verwandtschaftliches Verhältnis besteht, lohnt sich die Kooperation, da in den meisten Fällen gute Taten belohnt bzw. erwidert werden und so die eigenen Gene wiederum in Notlagen geschützt werden könnten.
Wirkung des Buchs
Viele Kollegen von Dawkins schätzen „Das egoistische Gen“ für seinen großen Einfluss auf Gesellschaft und Wissenschaft und laut der Biologen Alan Grafen und Mark Ridley habe es sogar die Art, wie wir denken, von Grund auf verändert.
Dawkins wird jedoch auch vorgeworfen, einen nihilistischen Pessimismus zu propagieren. Niemand möchte sich vorstellen, ein willenloser Roboter seiner eigenen Gene zu sein. Doch tut man Dawkins damit Unrecht, da dieser stets betont, dass kein Mensch deterministisch unter das Joch der Genmoleküle gestellt ist. Gerade der Mensch ist dazu befähigt, sich auch gegen den Egoismus der Gene zu stellen, etwa durch die Empfängnisverhütung. Auch mit dem Sinn des Lebens, so Dawkins, hat dies überhaupt nichts zu tun.
Dawkins war und ist wie kaum ein anderer Wissenschaftler jemand, der seine Thesen mit großer Vehemenz und Leidenschaft vertritt. Er scheut die Kritik nicht, sondern stellt sich ihr. Er zeigt auf, dass die Natur, objektiv betrachtet, Prinzipien folgt, die kühl und egoistisch sind. Aber er sagt auch, dass das menschliche Leben einem Sinn folgen kann und keinesfalls einer Freiheit des Handelns entbehren muss.